Sumba zählt zu den ärmsten Provinzen von Indonesien. Die Aktivitäten staatlicher Programme und internationaler Hilfen ändern die traditionelle Struktur stetig. Wellblech statt Reetdächer und Gräber aus Beton statt Felsen sind angesagt. Doch noch ist vieles geblieben wie es war. Noch sind Sumba Pferde und Wasserbüffel unerlässlich für die Landwirtschaft. Noch sind die Feste und Traditionen tief verankert in der Gesellschaft von Sumba. Noch ist … die Insel Sumba … der letzte Ort auf der Welt, an dem Menschen noch Megalithgräber errichten (Auszug aus: Christian Jeunesse, Mégalithes du monde).
Die folgenden Ausführungen sind nur ein kleiner Abriss von dem, was Sumba wirklich ist. Weiterführende Literatur findet ihr unter dem Abschnitt Links.Es gibt mittlerweile 2 prähistorische Funde in Sumba: In Melolo fand man ein Skelett eines außergewöhnlich großen Menschen und einen großen Tonkrug. Der Fund ist heute in Jakarta zu sehen. Am Fundort nahe der Polizeistation von Melolo, erinnert eine Tafel daran. In Lambanapu am Stadtrand von Waingapu fand man in 2017 fünf Skelette und diverse Tongefäße. Beide Funde datieren aus der Altsteinzeit vor rund 2800-3500 Jahren.
Die Darstellung der Frühgeschichte von Sumba beruht auf Erzählungen, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Erst ab dem 15. Jahrhundert liegen vereinzelt schriftliche Aufzeichnungen vor.
Der Überlieferung nach leitet sich der Name Sumba aus dem Namen Humba ab. Rambu oder Frau Humba war die Gattin von Umbu oder Herrn Walu Mandoku dem stammesältesten einer der ersten Stämme, die in Sumba siedelten. Er wollte den Namen seiner geliebten Frau verewigen, indem er die Insel so benannte. Sie kamen mit Schiffen, landeten an der Nordspitze Tanjung Sasar und gründeten das Dorf Wunga. Der Name Humba galt bis hin zur Kolonialzeit. Die Holländer nannten Sumba in ihrer Sprache Soemba.
Der einheimischen Marapu Religion nach kamen die Menschen auf Sumba nicht mit Schiffen, sondern über eine Leiter vom Himmel, zur Nordspitze Tanjung Sasar und dem Dorf Wunga.
Wie auch immer, Sumba war von je her eine isolierte Insel. Sie war von mehreren kleinen ethnolinguistischen Gruppen bewohnt. Sumba hatte seine eigene Zivilisation. Es gab Clans oder kleine Königreiche mit eigenen Sitten und Gebräuchen, eigenen sozialen Strukturen und Zeremonien des Lebenszyklus wie Geburt, Heirat und Tod.
Im vierzehnten Jahrhundert wurde Sumba ein Teil der javanischen Majapahit Dynastie. Nachdem diese Dynastie stürzte, kam Sumba unter die Herrschaft von Bima in Sumbawa und später Gowa in Sulawesi. Diese politischen Veränderungen hatten kaum Auswirkungen auf das tägliche Leben in Sumba. Das Leben war mehr geprägt von internen Kriegen zwischen den Clans und kleinen Königreichen um Land und Handelsrechte. In diesen Clan-Kriegen nahmen die Krieger die Köpfe ihrer getöteten Feinde mit in ihre Dörfer, spießten sie auf, auf so genannte Schädel-Bäume (Andung), in der Mitte vom Dorf. Sie glaubten, dass die Köpfe dem Dorf eine gute Ernte bringen würde und Reichtum für sie. Es gab auch Entführungen und Sklaverei zwischen den Dörfern. Bisweilen sind Sklaven auch auf die Nachbarinseln verkauft worden. Aufgrund dieser Kriege und Überfälle, wurden die Dörfer auf Hügeln oder Bergen gebaut und mit einer Steinmauer als Schutz umgeben. Trotz ihrer Feindseligkeit waren sie wirtschaftlich voneinander abhängig: Das Binnenland baute Holz, Betelnuss, Reis und Obst an, während Küstenbewohner Ikat herstellten, Stoffe webten, Salz produzierten sowie Fischfang und Handel mit anderen Inseln betrieben. Die Inseln um Sumba sahen Sumba als sehr gewalttätige Insel an.
Auch heute noch kann man Schädel-Bäume und Schädel in den Rumah Adat in einigen Dörfern sehen. Es passiert auch heute noch, dass Sumbanesen Häuser und Dörfer anderer ethnischer Gruppen anzünden. In den letzten Jahren wurden mindestens 3 Marapu Dörfer teilweise niedergebrannt. Ich hörte die Geschichte, dass selbst vor kurzem jemand eine Leber von jemand anderem ausgeschnitten hatte, um die dort sitzende Seele zu entfernen und sie aufzuessen.
Im Jahre 1522 sind die ersten Schiffe der Portugiesen vorbeigekommen. Die Niederlande, die späteren Kolonialherren von Indonesien, schenkten Sumba zunächst nur wenig Beachtung, weil sie in Sumba keine wesentlichen kommerziellen Interessen sahen. Außerdem machte es die Vielzahl der kleinen Königreiche schwer, signifikanten Einfluss zu installieren. Erst im 18. Jahrhundert entdeckten die Niederlande den Wert des Sandelholzes und begannen erst da, sich in Sumba einzumischen. Im Jahre 1756 wurde ein Vertrag zwischen der niederländischen Vereinigte Ostindien Companie (VOC) und einem Teil des sumbanesischen Adels geschlossen. Sandelholz wurde in erheblichem Maße geschlagen und exportiert. Sumba wurde als Sandelholz-Insel bekannt. Durch den Kahlschlag sind weite, unfruchtbare Grasflächen oder Savannen entstanden.
Ab 1866 gehörte Sumba oder Soemba formalrechtlich zu Niederländisch-Ostindien. 1906 überfielen niederländische Truppen Sumba, weil die Clan-Kriege den Kolonial-Handel störten. 1913 richteten die Niederlande eine lockere Zivilverwaltung in Sumba ein, die die gesellschaftlichen Strukturen von Sumba jedoch nur sehr langsam veränderte. Bei den Versuchen der Niederländer mehr Macht und Einfluss zu gewinnen gab es immer wieder blutige Auseinandersetzungen.
Im Zweiten Weltkrieg war Sumba zwischen 1942 und 1945 von den Japanern besetzt. Japan beabsichtigte Sumba als Ausgangspunkt für eine Invasion von Australien zu nutzen. Australien ist nicht weit entfernt, in direkter Linie liegen 700 km Ozean dazwischen. Überall in Ost Sumba sind noch Reste der japanischen Anlagen zu sehen. Um Melolo herum, gibt es komplette Bunkeranlagen an der Küste, ein Flugfeld (heute Fußballplatz) und die Kommandozentrale im kolonialen Stil (heute Tagungsgebäude der evangelischen Kirche). In der Erinnerung ist die Herrschaft der Japaner brutaler als die der Holländer. Die Japaner verließen Sumba als die Australier in Kalala im Süden der Insel landeten.
Die Nachricht von Sukarnos Unabhängigkeitserklärung 1945 brauchte 6 Monate bis sie Sumba erreicht hatte. Erst genau 5 Jahre später am 17.08.1950 übernahm Indonesien Sumba, sowie andere Inseln Ost-Indonesiens. Sumba wurde Teil der Provinz Nusa Tenggara Timur.
Die indonesische Verwaltung hat Strukturen und Familienclan Verbindungen des alten Sumba bestehen lassen, so dass die mächtigen Familien aus der Vergangenheit immer noch die reichen und mächtigen heute sind und die seit langer Zeit herrschenden Clans weiterhin ihre Macht ausüben konnten. In 1998 kam es in diesem Zusammenhang in Waikabubak zu Unruhen mit zahlreichen Toten.
Die isolierte Lage der Insel und die geringen wirtschaftlichen Ressourcen in Sumba führten dazu, dass die Sprache, Religion und traditionelle Kultur zumindest auf dem Lande noch erhalten sind. Das tägliche Leben der Bevölkerung ist im Grunde auch ein Spiegelbild ihres traditionellen religiösen Lebens. Umgekehrt ist die traditionelle Religion eher in traditionellen Dörfern zu finden. Wer sich einer anderen Religion hinwendet wird eher auch dem Dorf den Rücken kehren.
Wie stark die Tradition ist, sieht man vor allem auch an dem noch relativ großen Anteil der Menschen mit traditioneller Kleidung im Alltag. Wobei der Anteil in West Sumba größer ist als im Osten. Zu Festen oder zum Kirchgang zeigt man sich gerne in traditioneller Kleidung auch wenn man sonst Jeans trägt.
Die Männer tragen einen kurzen Sarong (Hinggi) um die Hüften, und einen Gürtel mit Schwert (und Handy). Um den Kopf haben sie ein Ikat oder gewebtes Band oder Turban mit figürlichen Motiven. In Ost Sumba ist das Kopfband schwarz mit bunten Motiven und in West Sumba in der Regel blau.
Die Frauen tragen lange Sarongs und ebenfalls ein Kopfband, aber mit unterschiedlichen Motiven. Frauen lassen ihre Haare lang wachsen und wickeln sie um den Kopf herum. Nach der Geburt ihres ersten Kindes kann eine Frau ihre Arme oder Beine als Statuszeichen tätowieren lassen. In der Vergangenheit war es auch Sitte sich die Zähne spitz zu schleifen.
Familie ist in Sumba eher als Sippe (Kabisu) zu verstehen. Dazu gehören auch Menschen, die man bei uns eher als entfernte Verwandte bezeichnen würde. Die wiederum unterteilt man in Blutsverwandte und angeheiratete. Die einen haben automatisch Rechte innerhalb der Sippe, die anderen müssen erst emotional legalisiert werden. Die Verantwortung für alle innerhalb der Sippe ist ein hohes soziales Gut.
Die Definition von Besitz oder Eigentum ist oft anders als bei uns: So wird zum Beispiel das durch einen Job in Bali verdiente Geld als Eigentum der Sippe empfunden. Mein Haus ist nicht unbedingt wirklich meins, sondern das der Sippe. Mein Kind muss nicht unbedingt das genetische Kind sein; denn wenn der Ehemann kein Kind zeugen kann, darf die Sippe aushelfen. Und umgekehrt: Sind keine männlichen Erben vorhanden, so kann der Wasserbüffel der Witwe dann zu meinem Wasserbüffel werden - und das ist dann kein Diebstahl! Und schließlich wird auch mein gemietetes Motorrad selbstverständlich das der Familie bei der ich gerade wohne - und es wird oft genutzt.
Jede Hochzeit bedeutet eine Veränderung der Konstellation innerhalb der Sippe oder Aufnahme von Beziehungen zu einer anderen Sippe. Hier gibt es vielfältige familienpolitische Probleme.
Die meisten Sumbanesen leben in dem Dorf oder Gebiet, wo sie geboren wurden. Frauen leben oft auch im Dorf ihres Mannes.
Sumbanesen bauen traditionell ihre Häuser und Dörfer auf Hügeln oder Bergen. Sie bauen so, um vor Feinden geschützt zu sein und um den Geistern und Ahnen näher zu sein. Sie umgeben ihre Ansiedlung mit einer Steinmauer mit 2 Toren: dem Eingang und Ausgang. In der Mitte vom Dorf ist ein Hof mit Gräbern und Opferaltären (Kateda). Die Häuser mit ihren meist spitz nach oben ragenden Marapu Dächern bilden einen Kreis drum herum oder sind in 2 parallelen Reihen angeordnet.
Die Bewohner eines Dorfes gehören grundsätzlich einer Sippe an. Bei großen Sippen können Dörfer auch geteilt werden und an verschiedenen Standorten liegen. Es gibt Fälle wo 2 Sippen sich ein Dorf teilen. Das ist dann am Doppelnamen zu erkennen. Die Wohnbereiche sind dann klar getrennt. Je Sippe gibt es ein Haus der Sippe = Rumah Adat. Das sind Häuser in denen die Geister der Ahnen wohnen und kultische Gegenstände der Sippe aufbewahrt werden. Sie stehen meist ebenfalls in der Mitte vom Dorf und heben sich durch die andere Bauart deutlich von den übrigen ab. Sie sind ein Symbol von der Gegenwart der Götter oder Marapu im Dorf und dürfen nur mit Genehmigung der Sippe betreten werden.
Traditionelle Häuser bestehen aus einem hölzernen Skelett. Die unteren Säulen sind von Ringen aus Holz oder Stein umgeben, das soll als "Lingga" und "Yoni", den sexuellen Aspekt des Lebens symbolisieren und als Symbol der Fruchtbarkeit dienen. Es könnte auch sein, dass damit Ungeziefer ferngehalten werden soll … . Die Säulen repräsentieren auch die Himmelsrichtungen. Der Kamin in der Mitte, ist das Symbol der Sonne.
Die traditionellen Dächer sind in der Regel aus Alang Gras, in manchen
Küsten Gegenden auch aus den Fächerblättern der Lontarpalmen. Wellblech ist
immer häufiger zu finden, insbesondere in offenem Gelände und in Gegenden, in
denen es starken Wind gibt. Die traditionellen Dächer halten nicht viel länger
als 5 Jahre. In einigen touristischen Gebieten bezuschussen die lokalen
Behörden die Verwendung traditioneller Baumaterialien. Doch wo ganz neu gebaut wird verwendet man eigentlich nur noch Blech statt Alang.
Nicht alle Häuser haben Spitzdächer, wie sie in Prospekten über Sumba zu sehen sind. Das muss auch nicht sein und die Kosten sind da heute vielleicht wichtiger als die Tradition.
Aber auch die Herkunft der Bewohner spielt eine Rolle. Beispielsweise haben die Häuser der Zuwanderer an den Küsten grundsätzlich keine Spitzdächer. Hier findet man die typische Architektur der Bugis mit bunter Bemalung. Oder die Häuser der Savuaner, deren Aussehen umgedrehten Schiffen mit Bug- und Heckkajüte symbolisieren soll.
Die hohen Spitzdächer haben auch einen physikalischen Nutzen, durch die Kaminwirkung kühlen sie gut. Selbst die Küchendünste werden wie durch einen Ventilator abgesaugt. Schlecht sind sie bei Blitzeinschlag oder unachtsamen Umgang mit Feuer. Immer wieder brennen einzelne Häuser und ganze Traditionelle Dörfer ab (Kadengar 2009, Ratenggaro 2012, Sodan 2016, Tarung 2017, Deke 2020, Waidimu und Hale Kadangar 2021, Wainyapu 2022). Egal aber welche Dachform, die Angst vor Blitzeinschlag ist groß. Man sieht häufig alte Motorradreifen auf den Dächern – die sollen gegen Blitzeinschlag schützen. Zu anderen Brandursachen schreib ich weiter unten.
Die Wände und Fußböden sind aus geflochtenem Bambus. Häufig sind Muster in die Wände eingeflochten. Im Osten von Sumba gibt es auch Hauswände aus Büffelhaut. Neuere Häuser haben Wände und Böden aus Holzbrettern; oft sind die Wände bemalt.
Ein traditionelles Haus besteht aus 3 Stockwerken. Jedes von ihnen ist ein Symbol: die Unterwelt unter dem Haus (Uma Dalu) - wo die Tiere leben, die menschliche Welt - wo die lebenden Menschen wohnen (Baga) und die spirituelle Welt – wo die Götter und Vorfahren leben, Kultgegenstände und Vorräte gelagert werden (Labu Baga). Die Stockwerke repräsentieren die harmonische Beziehung zwischen Menschen und Gott entsprechend dem Marapu Glaube. Daher ist das traditionelle Haus nicht nur Wohnung, sondern auch eine Art soziale und zeremonielle Einheit.
Deshalb wird der Bau eines Hauses durch Rituale begleitet. Zum Richtfest bringen die jeweiligen Nachbarn des Hauses dem Rato Hühner. Aus der herausgeschnittenen Leber der Tiere liest er, ob das Haus sicher vor Unwetter und Blitzschlag ist und wie es um die Gesundheit und das Wohlergehen der künftigen Bewohner bestellt ist. Das gesammelte Blut der Hühner wird in die Fundamente der tragenden Pfeiler gegossen. Alle Männer des Dorfes helfen beim Hausbau.
Zu jedem Dorf, im Dorf selbst oder in der Nähe findet man die für Sumba typischen Megalith Stein Gräber. Je nach Bedeutung der Familie haben die einzelnen Gräber unterschiedliche Ausmaße und Bauweisen. Mehr dazu im Abschnitt Tarik Batu.
Die Dörfer sind gewöhnlich sehr einfach. Der Wohlstand eines Dorfes wird nicht durch die Häuser und deren Ausstattung, sondern durch die Zahl der Wasserbüffel, Schweine, Pferde und seit neuerem der Motorräder gemessen.
Mit zunehmender Bevölkerung und damit zunehmender Dorf Größe ist auf den Hügeln oft zu wenig Platz für alle. Einflüsse unserer modernen Welt zeigen, dass es durchaus sinnvoll ist, dort zu wohnen, wo die Felder sind oder die Straße lang geht. So gibt es immer weniger klassische traditionelle Dörfer. Es gibt Dörfer die teilweise auf dem Berg und teilweise in der Ebene sind. Es gibt auch Dörfer, wo nur noch das Rumah Adat auf dem Berg steht, die Bewohner aber komplett in die Ebene umgezogen sind. Und es gibt die staatlich errichteten Neudörfer sowie in wenig ertragreichen Gebieten einzeln liegende Gehöfte.
Das Dorf als Mittelpunkt des Lebens erhält aber auch in anderer Hinsicht weniger Bedeutung: Da ist der Sog der Stadt und Handel mit unseren Dingen, die es nicht im Dorf gibt. Menschen finden Arbeit außerhalb vom Dorf. Kinder schaffen den Schulabschluss und gehen jetzt auf eine weiterführende Schule in der Stadt. Einige arbeiten schon in Bali oder Malaysia und bringen Geld mit nach Hause. Ein rasanter Wertewandel bahnt sich an.
In der Vergangenheit hatte Sumba ein soziales System bestehend aus Adel, Bauern und Sklaven (Maramba, Kabthu, Ata). Dieses System existiert nur noch dem Namen nach, hat aber keine Funktion mehr innerhalb der indonesischen Gesellschaft. Allerdings sind Familien, die aus dem Adel stammen, tendenziell immer noch wohlhabend. Menschen die für diese Familien arbeiten bezeichnen sich oft noch als Leibeigene. Wer sich in der neuen Gesellschaft positiv hervorgetan hat, hat seinen Adelstitel erhalten können.
Weil es in Sumba keine Landreform gegeben hat, besitzt der Adel immer noch weitgehend das Land. Er kann bestimmen, wer es kaufen darf und wer nicht. In jüngster Zeit hat so die geplante Ansiedlung eines Resorts in Mambang durch ausländische Investoren verhindert werden können. Meist wird jedoch verkauft. Das macht diese Bevölkerungsschicht reicher und führt zu zunehmender sozialer Divergenz.
In der Vergangenheit gab es Fälle in denen Dörfer umgezogen sind, auf ein Gelände, dass ihnen nicht gehörte, wo aber keiner etwas dagegen hatte. Oder wo Menschen von anderen Inseln ohne zu fragen einfach siedelten und Dörfer bauten. In Zeiten wo nun Grund und Boden einen handelbaren Wert bekommt, stören den Besitzer möglicher Weise diese Ansiedlungen. Das gibt soziale Spannungen. Da brennt man schon mal ein paar Häuser oder gar ganze Dörfer als Warnung nieder.
Eine teure aber wichtige Sache ist das Brautgeld. Es ist Kultur der Sumbanesen, nicht aber die der Zuwanderer wie Bugis und Savuaner. Entscheidend ist, wer sich welcher Kultur zugeordnet fühlt oder zu welchem Clan gehört. Es ist aber unabhängig von der jeweils ausgeübten Religion. Zahlungsmittel sind Pferde, Wasserbüffel und Schweine. In letzter Zeit haben sich Viehdiebstähle in Zusammenhang mit dem Brautgeld drastisch erhöht. Die Armut vor allem in West Sumba verleitet die Menschen sich das benötigte Vieh in Zentral und Ost Sumba zu verschaffen. Das durch die Tierseuchen ASF und Surra reduzierte Angebot an Tieren führt zu erhöhten Preisen und einer Verschärfung des Problems. Heute kann ein gutes Pferd durchaus durch ein Motorrad substituiert werden. Viele Männer, die nicht über ausreichende Ressourcen verfügen, suchen heute Frauen von anderen Inseln, deren Familien kein Brautgeld erwarten. Umgekehrt bleiben viele Frauen in Sumba unverheiratet. Gesetzlich ist diese Tradition des Brautgeldes nicht vorgeschrieben. Nicht oder nicht ausreichend gezahltes Brautgeld wird als Schulden über Generationen hinweg vererbt. Die Clan Ältesten oder manchmal auch Rechtsanwälte wachen über die Schuldkonten zwischen den Familien.
Während die Frauen eine bedeutende Rolle im Haushalt spielen und durch Verkauf ihrer landwirtschaftlichen Produkte auf dem Markt wesentlich zum Familieneinkommen beitragen, ist ihr sozialer Status eher gering. Im Alltag herrscht Arbeitsteilung. Zu offiziellen Anlässen haben Frauen mindestens ein Mitspracherecht. Ehen können ab 14 Jahren aufwärts geschlossen werden; sie sind heute nur noch teilweise nach Tradition und Sitte angeordnet. Polygamie wird nach wie vor geduldet, ist jedoch wegen des Brautgeldes eine Sache die sich nur wohlhabende Sumbanesen leisten könnten. In einigen Regionen haben Frauen kein Recht auf Grundeigentum.
Sumba Pferde sind ein Status Symbol. In ländlichen Gebieten sind sie immer noch ein wichtiges Transportmittel. Und Pferde sind billiger als Motorräder. Sumbanesen sind hervorragende Reiter. Sie haben das als Kinder gelernt und üben es als Erwachsene wann immer es geht. Ihre Talente zeigen sie auf Reit Veranstaltungen und der traditionellen Pasola. In den Städten führen sie gerne mal ihr Pferd aus, wie wir das Cabrio. Am Strand treffen sie sich zur abendlichen Pflege, einem Ausritt und Plausch. Der neueste Trend geht hin zu großen Pferden, wie in der reichen Welt.
Trotz reger Aktivitäten zahlreicher christlicher Missionare lebt rund ein Drittel der Sumbanesen nach wie vor fest in der Welt des Marapu:
Über die Herkunft des Namens Marapu oder Merapu gibt es viele unterschiedliche Erklärungen. Die wahrscheinlichste ist die Zusammensetzung aus den Wörtern Mar und Apu, das bedeutet Großvater als Schöpfer und Quelle des Lebens. Marapu ist ein Sammelbegriff für alle geistigen Kräfte wie Götter, Geister und Ahnen. Die wichtigste Lehre des Marapu ist der Glaube an das begrenzte Leben in unserer Welt und das ewige Leben nach dem Tod. Tod bedeutet, jemand begibt sich in die Welt der Geister, in eine Art "Marapu Himmel" oder "Marapu Universum" - Praing Marapu. Die Geister der Ahnen sind immer am Leben und wachen über die Lebenden. Rituale und Zeremonien sind dafür da, eine friedliche Verbindung zu den Marapu zu halten und pflegen. Soweit die Zeremonie der Regel entspricht, bescheren die Marapu ihnen Segnungen wie: gute Beziehungen mit Familie und Nachbarn, gute Gesundheit, gute Ernte, etc..
Marapu hat animistische, spirituelle und dynamische Elemente. Dies ist in den Zeremonien deutlich zu sehen. Der magische Faktor der Rituale beeinflusst den Glauben und schafft eine Verbindung zu den Geistern. Nach der Marapu Lehre gibt es ein Gleichgewicht der universellen Lebensenergie, durch die das Glück erreicht werden kann. Die Balance wird symbolisiert durch "Ina Mawolo" (Mutter des Seins) und "Ama Marawi" (Vater der Schöpfung). Ina Mawolo und Ama Marawi leben im Universum, und nehmen die Formen des Mondes und der Sonne an. In der Mythologie waren sie Mann und Frau, die die Vorfahren der Sumbanesen gebaren.
Die Marapu sind ständig unter uns und wohnen in symbolischen Gegenständen aus Stein, Holz, in einem Baum, einem Berg oder auch in böser Absicht als Blitz oder Krokodil. Zu Ehren der Marapu erstellt man Bildnisse oder Statuen mit menschlichen Gesichtern in die die Marapu dann einziehen. Meist stehen sie auf zentral gelegenen Steinaltären. Dort werden dann Opfergaben abgelegt.
Kleine Marapu Opfergaben sind "Sirih Pinang". Das Betel Sirih ist das Symbol des Mannes, die Betel Pinang Nuss ist das der Frau, das Betel Blatt die Verbindung beider und Kalk das der Erde, wo sie wachsen. Wenn diese Elemente gekaut werden, werden sie rot - das ist ein Symbol für Blut oder Leben. Sirih Pinang ist ein integraler Teil fast aller Riten und Zeremonien. Es ist auch das mindeste was ein Besucher einem Dorf Ältesten zur Ehrerbietung mitbringen sollte.
Große Opfergaben sind Tieropfer wie: Hühner, Schweine, Wasserbüffel. Vergießen des Blutes der Opfertiere symbolisiert: Leben, Versöhnung mit den Marapu und gute Ernte. Jedwedes Blut, das in die Erde fließt, macht die Erde fruchtbar.
Eine Ausnahme machen Hunde. Sie sind keine Opfertiere, werden aber
bei rituellen Anlässen zu Zwecken geistiger Reinigung gegessen und auch im
familiären Bereich als essbares Gastgeschenk genutzt.
In Zentral-Sumba werden zur
Verlobung dem Brautvater ein Hund und ein Speer überreicht.
Der Rato ist das geistliche Oberhaupt der Gemeinschaft. Aus dem heraus geschnittenen Herzen oder der Leber eines Tieres oder dem Darm eines Huhnes kann er das Schicksal von Menschen, den Erfolg der Ernte, wichtige Ereignisse, usw. herauslesen. Es gestattet ihm einen Blick in Zukunft oder die Ursache von Dingen, die geschehen sind. Solche Vorhersagen sind wesentlicher Bestandteil aller Marapu Zeremonien.
Der Rato hat auch eine wichtige Rolle bei der Geburt eines Kindes. Er betet die entsprechend der Tradition vorgegebenen Namen vor, bis die Nabelschnur aufhört zu bluten. Dann ist der Name gefunden. Das erklärt häufig wiederkehrende Namen unter Marapu Gläubigen.
Marapu kennt keine besonderen Orte an denen Anbetungen oder Gottesdienste stattfinden wie etwa Tempel. Verehrungen finden dort statt, wo das Leben spielt. Das kann in einer Ecke des Hauses sein, auf einem Feld oder in Dorfmitte stattfinden. Mit Ausnahme der durch Lebenszyklen oder Naturereignisse bestimmten "Feiertagen" gibt es auch keine besonderen Andachtszeiten oder Marapu "Sonntage".
Schriftliche Aufzeichnungen zur Marapu Lehre gibt es nicht. Es gibt keine festgelegte Liturgie. Alles ist von Generation zu Generation mündlich überliefert. Die Lehren werden meist in heiligen Versen aus dem Gedächtnis heraus vorgetragen.
Wer Rato wird ergibt sich nicht unbedingt durch Erbfolge. Ist die Dorfgemeinschaft der Meinung, dass ein Nachkomme die Religion nicht würdig vertritt, wird ein neuer Rato aus der Gemeinschaft herausgewählt. Ergänzend und unterstützend gibt es in den Familien einen "Ketua Adat", einen Vertreter der Sitte oder Ältesten der Familie. Man könnte ihn als stellvertretenden Rato sehen. Er hat in der Regel beste Chancen bei einer Wahl Rato zu werden.
Durch die mündliche Überlieferung und Interpretation der jeweiligen Akteure haben sich regionale Unterschiede - unterschiedliche Geschichten - entwickelt. Letztlich ist unklar, was die religiöse Wahrheit ist. In der Vergangenheit wurden Marapu und andere Naturreligionen unter anderem deshalb ignoriert. Erst 2017 wurde Marapu als eigenständige Religion vom Staat anerkannt. Das heißt aber nicht, dass man aus Sicht des Staates die Riten akzeptiert.
Auf dem Lande ist der Marapu Glaube nach wie vor stark verbreitet, während man die neueren Religionen hauptsächlich in den Zentren vorfindet. Da es nichts Schriftliches zur Marapu Religion gibt, ist es die Frage, wie lange die Überlieferung noch bleibt. Wer möchte in so einer Situation heute noch Rato werden? In einigen traditionellen Dörfern hat der Rato so heute keine ausgeprägte religiöse Funktion mehr, sondern er hat nur noch eine formale Position im Rahmen der Verwaltung. Er ist dann so etwas wie der Kulturbeauftragte. Das wiederum hebt die Bedeutung der Ketua Adat.
Beide christliche Kirchen und der Islam enthalten sich jedweder Wertung gegenüber der Marapu Lehre. Sie ignorieren oder dulden Tieropfer und nicht konforme Riten. Für den Staat steht heute die massive Missionierung durch die christlichen Kirchen eher im Fokus als die Marapu Lehre.
Wird man nach seinem "Buch" gefragt, ist nicht der "Lonely Planet", sondern die Bibel oder der Koran gemeint.
Ikat Weberei wird vor allem in Flores, Timor und in Sumba betrieben. In Sumba hat sie die wohl höchste Entfaltung erreicht. Hier ist sie Kult und Kultur zugleich. Das Zentrum dieser Webereiart liegt im Osten und Südosten der Insel. Für die Menschen in Sumba ist Ikat zum einen ein traditionelles Kleidungsstück für den Alltag, zum anderen aber hat es rituellen Wert als Tauschobjekt für Hochzeiten, Marapu Zeremonien und zum Beispiel auch als Leichentuch: Verstorbene von hohem Rang können in viele Ikat Stücke gewickelt werden.
International wird Ikat aus Sumba als Beispiel für die höchste Qualität von Textil-Design in Museen gezeigt. Die Muster des Ikat sind überliefert und repräsentieren das Dorf, in dem das Tuch hergestellt wurde. In West Sumba gibt es eher geometrische Muster, in Ost Sumba figurale Ornamentik mit Dorfszenen, Tieren und Fabelwesen. Die Darstellungen haben historische oder kultische Bedeutung.
Anders als bei der Batik wird nicht der fertig gewebte Stoff, sondern jeder einzelne Kettfaden vor dem Einspannen in den Webstuhl individuell gefärbt. Das erfolgt in einem Rahmen aus Bambus. Entsprechend dem gewünschten Muster werden die Fäden mit Schnüren abgebunden oder umwickelt und nacheinander gefärbt oder durch die Bänder vor Farbe geschützt. Daher kommt übrigens auch der Name Ikat = Schnur, Band.
Echte Ikat werden auch heute noch mit natürlichen Farbstoffen hergestellt. Die blaue Farbe stammt aus Indigo, die rote Farbe aus einem Gemisch von Rinde und Wurzeln des Mengkudu Baumes. Die Kombination von rot und blau ergibt je nach Intensität der beiden Farben braun, violett oder schwarz. Einige Ikat haben zusätzlich noch gelbe Farbe aus der Rinde des Kayu Kuning Baumes. Nach dem Färben werden die Fäden dann in den Webstuhl eingespannt und fixiert. Aus Maßabweichungen des Rahmens, Ungenauigkeiten beim Abbinden, unterschiedlicher Saugfähigkeit und unterschiedlicher Dehnung der Fäden ergibt sich der Ikat typische leichte Versatz des Musters.
Ikat ist entsprechend der aufwendigen Herstellungsprozedur ein wertvoller Stoff. In der Vergangenheit konnten sich nur hochrangige Clanmitglieder so etwas leisten. Inzwischen wurde die Herstellung vereinfacht und heute teilweise mechanisiert. Insofern haben echte alte Ikat Stücke einen besonderen Liebhaberpreis.
In der Manufaktur
Rambu
Chiko (vormals Ama Tukang)
in Waingapu kann man eine große Auswahl von
Ikat und den Herstellungsprozess sehen (weiteres unter Shopping). Man sollte sich unbedingt den Unterschied von natürlichen Farbstoffen und chemisch hergestellten Farben zeigen lassen.
Überall in Sumba wird gewebt. Es gibt ein großes Angebot an Webwaren. Darunter sind auch Stoffe im Angebot, die aussehen wie Ikat, aber nicht im Ikat Verfahren hergestellt wurden. Sie sind bewusst so gestaltet worden, dass sie echten Ikat täuschend ähnlich aussehen.
Begrüßung: Im familiären Bereich und wenn man sich längere Zeit nicht gesehen hat, begrüßt man sich traditionell durch "Nasereiben" - berühren der Nasen. Durch das Berühren des Ortes des Atmens symbolisiert diese Sitte den Weg des menschlichen Lebens. Dabei muss man die Lippen sichtbar zusammenpressen. Die Unterlippe sollte dabei innen, der Oberlippe außen sein. Bei Trauer und tiefer Anteilnahme berührt man sich zusätzlich auch mit der Stirn. Zu offiziellen Anlässen begrüßt oder bedankt man sich ebenfalls mit diesem Ritual. Dieses Ritual stammt ursprünglich von den Zuwanderern aus Savu und ist im Laufe der Jahrhunderte in Sumba allgemeingültig geworden. Als Tourist ist man dabei Menschen aus Sumba gleichgestellt, sollte aber nicht von sich aus die Initiative ergreifen.
Teilnahme an Festlichkeiten: Wenn man nicht schon vorab direkt eingeladen wurde, wird man hinzu gebeten falls man erwünscht ist. Eine Absage wird als unhöflich angesehen. Es wird gerne gesehen, wenn man sich voll am Geschehen beteiligt. Mitunter wird man gebeten, sich dabei traditionell zu kleiden und bekommt entsprechende Ausstattungsstücke geliehen. Angebotenes Essen, zum Beispiel von Opfertieren, darf man nicht ablehnen. Als hochrangige Persönlichkeit oder Ausländer wird man oft dem allgemeinen Besucher vorgezogen.
Lächeln: In den Sumba Sprachen kennt man kein Danke. Alles gehört der Sippe oder Gemeinschaft. Man darf sich in angemessenem Maße nehmen, was man möchte. Man zeigt durch Lächeln ob das was man genommen hat, angemessen war.
Körpereigenschaften: Äußerungen zum Aussehen eines Menschen werden möglicher Weise anders interpretiert als bei uns. Hier einige Beispiele: Dick = dir geht es gut, du sorgst für dich; Dünn = dir geht es schlecht, du musst viel arbeiten; Weiß = man arbeitet nicht draußen in der Sonne; …
Aggressive Gesten sind:
- Verschränken der Arme vor der Brust
- Die Hände in die Hüften stemmen
Allgemein in Indonesien gilt:
- immer lächeln
- Die linke Hand gilt als unrein
- Nie die Fußunterseite einem anderen Menschen entgegenstrecken
- Beim aneinander vorbeigehen ducken und die rechte Hand (in keiner Situation
die linke) nach unten halten
- Nie durch eine Gruppe hindurch gehen sondern außen herum
- Rülpsen beim Essen ist etwas positives; Nase, Ohren, Zähne reinigen ist erlaubt
- Geschenke, wie zum Beispiel Geld gehen an den Hausherrn (ältesten). Falls
dieser
verstorben ist an seine Witwe, danach folgt
die nächste Generation
- Motorradfahrer dürfen mit der linken Hand grüßen (weil die rechte an Gas + Bremse gehört). Idealer Weise sollte die
linke Hand rechts neben den Kopf geführt werden